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  • AutorenbildSven Piper

Mondstaub und Isolierband


Beim diesjährigen Großen Mondbuggy-Rennen in Huntsville, Alabama, scherzte Prof. Paul Shiue von der Christian Brothers University, dass Isolierband das beste "technische Werkzeug" seines Teams war. Andere sahen dies genauso. Das Geräusch vom Isolierband, wie es von den Rollen abgerollt wird, erfüllte praktisch die gesamte Rennstrecke, da dutzende von College und Highschool Schülern eifrig bastelten und ihre selbst gemachten Mondbuggys reparierten.

Sie wussten zumeist nicht, dass sie einer alten Tradition bei der Erforschung des Mondes folgten. Wenn wir die Uhr einmal um 36 Jahre zurückdrehen, sehen wir welche Schlüsselrolle Isolierband in NASAs Apollo Programm gespielt hat:

Das Datum war der 11. Dezember 1972. Die Astronauten Gene Cernan und Jack Schmitt hatten gerade ihre Mondlandefähre Challenger in einem wunderschönen, von Bergen umgebenen Tal mit dem Namen Taurus-Littrow, gelandet, das am Rand des Meeres der Heiterkeit liegt. Die Missionsplaner wählten diese Stelle aufgrund ihrer geologischen Vielfalt aus: Der Boden war mit einem Mix aus großen Felsbrocken, erstarrter Lava, orangefarbenen Glaskügelchen (ein Zeichen für Feuervulkane in der Vergangenheit) und, natürlich, dem allgegenwärtigen Mondstaub, bedeckt. Das Tal selber wurde als Folge eines Asteroiden Einschlags vor Milliarden von Jahren gebildet; die Geschichte des Mondes ist, wie viele vermuten, vielleicht an seinen Wänden aufgezeichnet. Jack Schmitt, der erste Geologe auf dem Mond, konnte es kaum erwarten anzufangen.

Etwa 60 Sekunden nach der Landung funkte Schmitt nach Houston, "die Batterien sehen gut aus", gefolgt von einer kurzen Pause und "Oh man!! Schau Dir den Felsen dort an!"

Innerhalb von Stunden waren die Astronauten die Leiter hinunter gestiegen und luden jede Menge geologischen Gerätes und Experimenten auf ihr Fahrzeug, oder "Mondbuggy." Alles lief glatt, bis Cernan gegen den Rover stieß; ein Hammer in der Schienenbeintasche seines Raumanzugs erwischte das hintere, rechte Schutzblech des Buggys und riss etwa die Hälfte davon ab.

Cernan: "Oh. Du wirst es nicht glauben. Das war das Schutzblech."

Schmitt: "Oh, Verdammt!"

Nun kann ein Mondbuggy in Alabama auch ohne Schutzblech hervorragend funktionieren. In Taurus-Littrow war ein fehlendes Schutzblech allerdings eine potentielle Katastrophe. Der Grund ist der Mondstaub. Wenn ein Rover über die Mondoberfläche rollt, wirbelt er Mondstaub auf seinem Weg auf. (Die Astronauten nannten dies "Hahnen-Schwanz.") Ohne Schutzblech würde der Rover geduscht werden von einem dunklen, aggressiven Kies. Weiße Raumanzüge, die durch Staub geschwärzt werden, könnten sich in gefährliche Speicher für die heftig strahlende Sonne verwandeln und die Astronauten in Inneren überhitzen lassen. Scharfkantiger Staub von Visieren gewischt würde das Glas zerkratzen, was die Sicht behindert. Mondstaub hatte auch die unheimliche Eigenschaft einen Weg in Scharniere, Gelenke und Anschlussstücke zu finden, und sie damit nutzlos zu machen.

Cernan: "Und ich hasse es zu sagen, aber ich brauche etwas Zeit zu versuchen ... das Schutzblech wieder anzubringen. Jack, erinnerst Du Dich, ob das Isolierband unter meinem Sitz ist?" (Er meint eine Rolle gewöhnliches, graues Isolierband.)

Schmitt: "Ja."

Cernan: "Okay. Ich kann nicht behaupten, dass ich sehr fit darin bin Schutzbleche zu reparieren.

Aber ich werde auf keinen Fall ohne losfahren. Ich werde einfach ein paar Stückchen vom guten alten grauen amerikanischen Isolierband darauf befestigen ... (und) schauen ob es hält."

Trotz seiner dicken Handschuhe schaffte es Cernan die benötigten Stückchen abzurollen. Der Mondstaub ließ allerdings seinen ersten Reparaturversuch scheitern:

Cernan: " ... das gute alte graue Band heftete nicht sehr gut." (Auf einer Pressekonferenz nach der Reise erklärte er: "Da sich überall Staub befand, klebte, sobald man ein Stückchen abgerissen hatte, als erstes Staub daran; und dann klebte es nirgendwo mehr dran.")

Sein zweiter Versuch gelang jedoch. "Ich bin fertig!" rief Cernan. "Wenn dieses Schutzblech hält ... hätte ich gerne eine Art Reparatur-Orden." Und dann fuhren sie los.

Die nächsten vier Stunden fuhren sie mit dem Mondbuggy eine weite Strecke um die Landestelle herum, hielten an, bohrten Löcher und sammelten Bodenproben, verteilten seismische Ladungen und installierten weitere Experimente. Selbst mit allen vier Schutzblechen musste Cernan den Rover bei jedem Halt entstauben (die Missionsplaner stellten dafür eine spezielle Mondstaub Bürste zur Verfügung). Dies dauerte kostbare Minuten, hätte aber schlimmer sein können, was sie noch entdecken sollten.

Als er über eine unwegsame Stelle Mondboden fuhr, kommentierte Cernan, "Man, es könnte sein, dass wir das Teil hinten schnell wieder verlieren." und tatsächlich fiel das Schutzblech wieder ab. Isolierband hielt es für ein Weile, aber der Mondstaub hatte die Haftfähigkeit des Bandes zu sehr verringert, um während der gesamten EVA (Extra-Vehicular Activity) zu halten.

Schmitt: "Ich glaube wir haben unser Schutzblech verloren. Es regnet hier (Mondstaub)."

Cernan: "Oh nein!"

Schmitt: "Schau nach unserem Hahnen-Schwanz."

Ständige Stopps erforderten eine beträchtliche Mehrplanung. "Lass mich schnell herumrennen und entstauben!" funkte Cernan, während Schmitt das Surface Electrical Properties (SEP) Experiment aufbaute. In einer Besprechung nach dem Flug sagte er, "Der Staub auf den Batterieabdeckungen und allem anderen war dick genug um darauf zu schreiben. Auch mit funktionierenden Schutzblechen hatte man ständig einen leichten Staubfilm; aber das war 'Dreck' Staub."

Zurück bei der Challenger untersuchte Cernan den Rover genauer. "Oh man, es wird uns ein halbes Dutzend Sonntage kosten das zu entstauben. Schau Dir dieses Schutzblech an; das ist schrecklich. dieses eine Schutzblech erzeugte gerade eine neue Dimension des Staubproblems."

In Houston erfassten die NASA Techniker sofort die Ernsthaftigkeit dieser Situation. Wenn sie nicht während Cernan und Schmitt schliefen eine Lösung fänden, würde dies die Forschungen des nächsten Tages stark beeinträchtigen. Die Astronauten wären vielleicht sogar nicht in der Lage die geplanten Entfernungen zurückzulegen.

Aber sie fanden eine Lösung und sie basierte auf, Sie haben es erraten, Isolierband.

Als Cernan und Schmitt am nächsten Morgen aufwachten, erklärte ihnen die Missionskontrolle wie sie vier laminierte Karten zusammenkleben sollen, welche die Form des verlorenen Schutzblechs haben. "Nennt mich einen kleinen, alten Schutzblechmacher", sagte Cernan, als er die Stückchen des grauen Isolierbandes abriss. Dieses Mal wurde die Arbeit in der relativ staubfreien Umgebung des Mondlanders durchgeführt, so dass das Isolierband seine Haftfähigkeit behielt. Befestigt am Mondbuggy hielt das neue Schutzblech für den Rest der Mission, die weitere 15 Stunden EVAs beinhaltete.

Eine Staubdusche war genug, um bei Schmitt einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Zurück auf der Erde vertrat er die Auffassung, dass "das Staubproblem eines ist, dass auf jeden Fall angegangen werden muss. Es wird das größte Problem in der Umgebung des Mondes, bei zukünftigen Missionen zum Mond sein."

Zurück zur Zukunft: Derzeit bereitet sich die NASA auf eine Rückkehr zum Mond vor und Staub hat eine hohe Priorität dort. NASA Wissenschaftler führen mit Apollo Proben von Mondstaub Experimente durch, um Techniken für eine "Mondstaub Vermeidung" zu entwickeln. Das NASA Raumschiff LADEE beschäftigt sich ausschließlich mit dem Thema Mondstaub. Als Kurzform für Lunar Atmosphere and Dust Environment Explorer, wird LADEE den Mond 2011 oder 2012 umkreisen, und nach "Staubstürmen" Ausschau halten, von denen man glaubt, dass sie auftreten wenn elektrostatisch aufgeladener Mondstaub über der Mondoberfläche schwebt.

Wenn Astronauten der nächsten Generation auf den Mond reisen, werden sie eine Menge mehr über Mondstaub wissen als ihre Apollo Vorgänger. Aber Sie können drauf wetten, dass sie ein Ding mitnehmen werden -- "das gute alte, graue Isolierband."

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