Unter dem Begriff "Weltraumschrott" versteht man die unbrauchbaren Überbleibsel der verschiedenen Raumfahrtmissionen im Erdorbit, und dieser stellt zunehmend ein ernstes Problem für die bemannte und unbemannte Raumfahrt dar.
Die ausgemusterte Raumstation "Mir" wurde ebenso wie das amerikanische Space Shuttle und das Hubble-Weltraumteleskop getroffen, und die europäische Weltraumbehörde ESA musste mehrmals ein Ausweichmanöver mit dem Erdbeobachtungssatelliten Envisat fliegen, um eine Katastrophe zu verhindern. Auch die Internationale Raumstation ISS fliegt im Durchschnitt jedes Jahr mindestens ein Ausweichmanöver, um der Kollision mit einem größeren Stück Weltraummüll zu entgehen.
Seit Beginn des Raumfahrtzeitalters im Jahr 1957 gab es rund 6.500 Raketenstarts und etwa 16.990 Satelliten wurden damit in einen Orbit befördert, die meisten davon funktionieren heute nicht mehr. 10.000 größere Teile, wie etwa nicht mehr benutzte Satelliten oder Raketentrümmer, und ca. 100.000 kleinere Trümmerteile, darunter auch Werkzeuge, mit einem Durchmesser unter 10 cm bewegen sich heutzutage mit hoher Geschwindigkeit (etwa 28.000 km/h) in verschiedenen Höhen um die Erde.
Das Problem ist also hausgemacht, und im April 2005 gab es eine internationale Konferenz in Darmstadt, auf der erste Maßnahmen diskutiert wurden. So soll in Zukunft durch Ausbrennen der Triebwerke verhindert werden, dass es durch Treibstoffreste in einer Raketenstufe zu einer Selbstentzündung kommt und durch die Explosion mehr Weltraumschrott entsteht. Außerdem wollte man Verfahren prüfen, sodass bei zukünftigen Missionen die Überreste schneller in der Erdatmosphäre verglühen und nicht mehr für Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte in einer Umlaufbahn kreisen.
Ein anderes Problem stellen nicht mehr benötigte Satelliten dar, denn bisher wird nur etwa ein Drittel davon fachgerecht auf eine sogenannte Friedhofsbahn angehoben. Der Rest verbleibt auf oder in der Nähe der begehrten Umlaufbahnen und stellt so eine Gefahr für zukünftige Satellitengenerationen dar.
Bis zu einem gewissen Grad kann sich der Weltraum selbst "reinigen", denn nach und nach verlieren die Teilchen an Höhe, stürzen ab und verglühen in der Atmosphäre. Aber nicht nur Astronauten in einer Umlaufbahn sind gefährdet, größere Stücke könnten auch auf die Erde fallen und hier zumindest theoretisch auf bewohntes Gebiet stürzen.
Doch alle bislang diskutierten Maßnahmen tragen nicht zur Entsorgung des bereits vorhandenen Weltraumschrotts bei, denn eine solche Entsorgungsmission wäre mit erheblichen Kosten verbunden.
In Europa und den USA hat man ein stärkeres Bewusstsein für dieses Problem als in der aufstrebenden Weltraumnation China. Hier möchte man für kleines Geld viel Raumfahrt betreiben, und alle Müllvermeidungsmaßnahmen verursachen zunächst einmal Kosten.
Durch Radaranlagen und Teleskope können zumindest die größeren Stücke aufgespürt werden, doch auch kleinere Trümmer bergen ein erhebliches Gefahrenpotenzial. So wurde bei der Absturzursache der Columbia auch ernsthaft eine Kollision mit Weltraumschrott in Betracht gezogen. Außerdem wurde schon ein französischer Aufklärungssatellit zerstört.
Eine Möglichkeit, sich vor einer Katastrophe zu schützen, stellen spezielle Schutzschilde dar. Diese werden unter anderem bei der ISS eingesetzt und bestehen aus Keramik- und Polymerstoffen.
Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hat vor kurzem ein Zero-Debris-Konzept eingeführt, mit dem sichergestellt werden soll, dass die Aktivitäten der Agentur bis 2030 keinen neuen Weltraumschrott in wertvollen Umlaufbahnen erzeugen.
Die ESA will im Jahr 2026 die ClearSpace-1-Mission durchführen, um die für die aktive Trümmerbeseitigung erforderlichen Technologien zu demonstrieren und einen ersten Schritt zum Aufbau eines neuen und nachhaltigen kommerziellen Sektors zu unternehmen, der sich der Beseitigung hochriskanter Objekte aus unseren wertvollen und begrenzten Orbitalbahnen widmet. [1]
Anmerkung: Mehr zu diesem Thema erfahren sie in meinem Buch "Space - Die Zukunft liegt im All" (2019), im Kapitel "Erste Schritte im Sonnensystem".
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