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  • AutorenbildSven Piper

Das Universum durch den Spiegel

Aktualisiert: 25. März 2019


Alice fand eine neue Welt, als sie durch den Spiegel schritt – Käfer mit schlechter Laune, Tweedledee und Tweedledum, lachende Katzen, sprechende Tigerlilien und vieles mehr.


Spiegel haben spezielle Fähigkeiten, die auch in der wirklichen Welt funktionieren, speziell in den Händen von Astronomen. In der Tat ist die moderne Astronomie von Spiegeln abhängig. Fast jedes Teleskop benutzt einen Spiegel, manchmal mehrere Spiegel, um Licht zu sammeln und auf hochempfindliche Sensoren umzuleiten, wo dann ein atemberaubendes Bild entstehen kann. Ohne Spiegel wäre es fast unmöglich das Universum zu untersuchen.


Für einen Röntgen-Astronomen ist es ein wenig komplizierter. „Das Röntgenlicht, das wir zur Untersuchung des Universums nutzen, ist so energiereich, dass es einfach durch einen gewöhnlichen Spiegel hindurchtreten würde,“ beschwert Brian Ramsey, vom Marshall Space Flight Center.


Also haben Ramsey und seine Kollegen einen außergewöhnlichen Seitwärts-Spiegel gebaut, der hochenergetische Röntgenstrahlen einfangen kann (diese werden auch als „harte“ Röntgenstrahlung bezeichnet). „Er wird „grazing incidence“ Spiegel genannt,” erklärt Ramsey, der HERO's leitender Wissenschaftler ist, “und er kann sehr energiereiche Röntgenstrahlung aufspüren.”


Ramsey's Team hat kürzlich das Gerät mit dem Spitznamen HERO (Kurzform für High Energy Replicated Optics) an Bord eines Ballons getestet, der in Fort Sumner, New Mexiko, gestartet wurde. Der Ballon trug HERO in eine Höhe oberhalb von 99% der Erdatmosphäre, wo es Röntgenstrahlung aus dem All sammeln konnte. Die Daten werden derzeit analysiert und bald werden die Ergebnisse zur Verfügung stehen; das Team freut sich auf einige neue kosmische Bilder in einer vorher noch niemals erreichten Auflösung.


Das HERO Team ist eines von vielen wissenschaftlichen Gruppen, welche die Columbia Scientific Balloon Facility Experten in Fort Sumner um einen Start von Nutzlasten mit ihren riesigen Ballonen bitten. Voll aufgeblasen hat HERO's Balloon einen Durchmesser von 152 Metern und erhebt sich 330 Meter hoch über die Nutzlast. Die Mannschaft der Einrichtung befüllt die Ballone, startet sie, verfolgt sie auf ihrem Weg und holt sie wieder zurück. Wegen der guten Windbedingungen (wenig oder kein Wind) in den Monaten Mai und September ist Fort Sumner ein sehr guter Ort für den Start von Ballonen.


"Leuten kommen hier raus, um zu schauen und Fragen zu stellen,” sagt Ramsey. "Ein kleiner Junge fragte einmal, ob unser riesiges Teleskop schon einmal auf einer Kuh gelandet ist.“ (Nein) Ramsey fügt hinzu, dass die Bewohner von Fort Sumner sehr freundlich und hilfsbereit sind. „Sie veranstalten sogar Grillfeste für uns von Zeit zu Zeit,“ sagt er. Ramsey ist gewöhnt an Gastfreundschaft – südliche Gastfreundschaft, da sich das Marshall Space Flight Center in Huntsville, Alabama, befindet.


HERO's Optik, entworfen und gebaut in Huntsville, beinhaltet 96 röhrenartige “grazing incidence” Spiegel, die angeordnet sind wie die Lagen bei einer Zwiebel.


Warum die seltsame Form? Weil hochenergetische Röntgenstrahlen durch einen flachen Spiegel einfach hindurchtreten würden. Um diese energiereichen Photonen davon abzuhalten müssen Spiegel fast seitwärts ausgerichtet sein, so dass die Röntgenteilchen von den Seiten abprallen. Von dort aus wandern die Photonen die Röhren des Detektors hinunter, die dann ein Bild formen.


Wenn diese Spiegel schlussendlich im Weltraum sind, werden die Photonen von einigen der gewaltigsten Objekte im Universum einfangen: Explodierende Sterne, kollidierende Galaxien und Schwarze Löcher, um nur ein paar zu nennen. Die innere Gewalt dieser Objekte macht ihre Photonen so energiereich, weshalb Astronomen ein Hochenergie-Röntgenteleskop benötigen, um sie zu untersuchen.


Das HERO Team musste eine rutschige Piste hinaufklettern, um ihre innovative Optik nach oben zu bringen. Die ersten paar Versuche schlugen fehl – jeder aus einem anderen Grund. Das Wetter war das größte Hindernis.


"Wir haben tägliche Meetings bezüglich des Wetters,” sagt Ramsey. "Wenn sie sagen ‘das Wetter ist ungeeignet für einen Start bis nächsten Mittwoch,’ zieht man es in Betracht noch eine weitere Woche im Hotel herumzusitzen. Und es gibt nur zwei Restaurants in der Umgebung, die man irgendwann nicht mehr sehen kann. Und dann sinkt die Motivation ein bisschen.“


Fügen Sie zum schlechten Wetter noch ein paar technische Schwierigkeiten hinzu, die zum Abbruch der Starts führten, und man hat schnell ein paar frustrierte Wissenschaftler.


Wenn die Ballonflüge so kompliziert und unvorhersagbar sind, warum baut das Team dann darauf, um dem Experiment Flügel zu verleihen? „Eine Ballon Mission kostet wesentlich weniger als eine Satelliten Mission, etwa 1 Million im Vergleich zu 100 Millionen und mehr,“ erklärt er. „Der wahre Reiz von Ballonflügen liegt darin, dass man die Nutzlast danach wieder verwenden kann und Zeiträume für Veränderungen kurz sind. Nach der Landung mit einem Fallschirm repariert das Team alles Notwendige und bereitet einen erneuten Flug innerhalb eines Jahres vor. Auch wegen der kurzen Dauer liefert eine Ballon Mission eine hervorragende Trainingsmöglichkeit für einen Studenten, der Forschungsarbeiten für seinen Abschluss betreibt.“


Und wie steht es um HERO´s Zukunft? Ramsey hofft, dass es in Richtung südlicher Halbkugel geht – Australien um genau zu sein. Das HERO Team hat einen Antrag eingereicht, um ihre Nutzlast von dort aus starten zu können.


“Australien ist ein interessanter Ort für die Flüge, weil das galaktische Zentrum von dort aus klar sichtbar ist. Das galaktische Zentrum ist der aktivste Teil unserer Galaxie. Es beinhaltet viele Quellen [harter] Röntgenstrahlung und mit unserer Optik sind wir in der Lage diese Quellen einzeln aufzulösen, und Bilder einzufangen, die niemand vorher gemacht hat.”


In der Zwischenzeit fliegt hoch am mexikanischen Himmel ein Ballon vorbei an dem ein Teleskop baumelt, dass bepackt ist mit Spiegeln die eine völlig neue Welt zum Leben erwecken. Mit Alice´s Worten, “Es hat, oh! So viele wunderschöne Dinge in ihr!”


Quelle: Science@NASA

Autor: Frank Erhardt


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