Forscher von der Universität Bonn, haben in Zusammenarbeit mit Wiener Kollegen, eine Alternative zu bisherigen Modellen der Sternentstehung gefunden. Diese erklärt zum ersten Mal die Entstehung der äußeren Planeten des Sonnensystems in realistischen Zeitskalen.
Nach bisheriger Auffassung entstand unser Sonnensystem vor etwa 4,6 Milliarden Jahren zusammen mit Hunderten weiterer Sterne aus einer riesigen Gas- und Staubwolke, ähnlich wie dies heute im Orionnebel (Bild) geschieht. Die Wolke zerfiel in zahlreiche "Knoten", die wiederum unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenfielen, bis der steigende Druck in ihrem Inneren das nukleare Feuer der Sterne entfachte.
Um viele dieser Sterne, darunter auch unsere Sonne, bildete sich eine protoplanetarische Scheibe aus Gas und Staub, in der winzige Staubteilchen durch Kollisionen untereinander an Größe gewannen, bis ihre Schwerkraft groß genug wurde, um das umgebende Material wie ein Staubsauger aufzusammeln. Doch ein solcher Prozess dauert für die äußeren Planeten Uranus, Neptun und Pluto zu lange. Nach den derzeitigen Modellen würden etwa hundert Millionen Jahre vergehen, bis sich solche Planeten bilden. Noch mehr Zeit wäre nötig, damit sich "Transplutos", planetenähnliche Objekte am Rande unseres Sonnensystems wie Sedna und 2003 UB313 (Xena), bilden könnten.
"Soviel Zeit hatten die äußeren Planeten aber gar nicht", meinen Diplom-Physiker Ingo Thies und Professor Dr. Pavel Kroupa von der Universität Bonn sowie Dr. Christian Theis von der Universität Wien. Denn Beobachtungen junger Sterne zeigen, dass sich die so genannte protoplanetare Staubscheibe schon nach wenigen Millionen Jahren komplett auflöst - astronomisch gesehen ein Wimpernschlag. Das Material wird entweder von der starken Ionenstrahlung der jungen Sonne hinaus getragen, von der ultravioletten Strahlung heißer junger Riesensterne verdampft oder von den Schockwellen explodierender Sterne fortgerissen. "Uranus und Pluto dürften nach solchen Modellen gar nicht existieren", so die Forscher.
Mit einem neuen Ansatz glauben die Bonner Wissenschaftler nun der Lösung dieses Rätsels einen großen Schritt näher gekommen zu sein. Die Planeten hatten möglicherweise einen Geburtshelfer: Ein Nachbarstern kam der jungen Sonne mit ihrer Staubscheibe so nahe, dass seine Anziehungskraft den Staubgürtel regelrecht durcheinander wirbelte. Verklumpungen entstanden, die unter ihrer eigenen Schwere zusammenfielen und dabei riesige Wirbel bildeten. In diesen Wirbeln sammelte sich der Staub und dadurch konnten sich die Staubkrümel viel schneller zu Protoplaneten zusammenballen als in einer ungestörten Scheibe.
Die Entstehungszeit wäre damit kurz genug gewesen, dass sich selbst die äußersten Planeten vor der Zerstörung ihres solaren Kreißsaals hätten bilden können. Computersimulationen, die jetzt in Bonn an einem Hochleistungsrechner durchgeführt wurden, zeigen, dass solche Gravitationsinstabilitäten nicht nur möglich sind, sondern dass die aus ihnen entstehenden Klumpen sogar die richtigen Umlaufbahnen haben. "Ein Neptun oder ein Pluto ist ebenso möglich wie eine Sedna oder ein 2003 UB313", sagt Thies, wobei er auf zwei der größten bisher gefundenen Objekte jenseits des Neptun verweist.
In den nächsten Jahren wollen die Bonner Astronomen diesen neuen Weg der Planetenbildung mit verfeinerten Methoden und verbesserten Rechnern noch genauer unter die Lupe nehmen.
Anmerkung: Eine andere Möglichkeit, die von Wissenschaftlern diskutiert wird, ist die, das die protoplanetare Scheibe, aus der unser Sonnensystem hervorgegangen ist, zweigeteilt war und das sich aus der inneren Scheibe die uns bekannten Planeten gebildet haben, während sich aus der äußeren Scheibe, wesentlich langsamer, die kleineren Objekte des Kuiper Gürtels bildeten. Protoplanetare Scheiben dieser Art wurden auch schon um andere Sterne beobachtet.
Quelle: Universität Bonn
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