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AutorenbildSven Piper

Auf dem Weg zum Antigravitationsantrieb

Aktualisiert: 11. Mai


Gibt es eine Kraft oder ein Teilchen, das der Gravitation entgegenwirkt?
Gibt es eine Kraft oder ein Teilchen, das der Gravitation entgegenwirkt? (Credit: ESO/L. Calçada/M. Kornmesser)

Die Idee, dass es eine Kraft oder ein Teilchen gibt, das der Gravitation entgegenwirkt, ist nicht neu, doch betrachten die meisten Wissenschaftler diese Idee als pure Fiktion. Dennoch wurden in den letzten Jahrzehnten einige vielversprechende Experimente durchgeführt, die eines Tages den Weg für einen Antigravitationsantrieb ebnen könnten.


Die wissenschaftliche Community ist sehr vorsichtig, wenn ein Forscher behauptet, er habe bahnbrechende Erkenntnisse auf dem Gebiet der Antigravitation gefunden. Viele als Sensation angepriesene Entdeckungen entpuppten sich bei genauer Betrachtung als haltlos oder konnten auf Messfehler oder externe Störquellen zurückgeführt werden.


Dennoch möchten wir in diesem Special vorurteilsfrei und objektiv über den Stand der Forschung berichten, denn einige Experimente könnten den Durchbruch auf diesem Gebiet bewirken.


Ein Forscher, der bereits 1996 große Schlagzeilen auf diesem Gebiet geschrieben hat, ist der russische Chemiker und Materialwissenschaftler Dr. Eugene Podkletnov. Dieser forschte an der Technischen Universität von Tampere in Finnland und entdeckte eher durch Zufall bei Experimenten mit supraleitfähigen Materialien einen Effekt, den er selbst auf einen Antischwerkrafteffekt zurückführt. [1]


Podkletnov behauptet, einen „clearly measurable weak shielding effect against gravitational force“ gefunden zu haben und hat hierüber auch eine wissenschaftliche Ausarbeitung verfasst. Doch die Geschichte hierüber könnte auch aus einem schlechten Hollywoodfilm stammen, denn nachdem ein Artikel über Podkletnov vorab im britischen Sunday Telegraph erschienen ist, war der Aufschrei in der wissenschaftlichen Gemeinde groß und es wurde schnell von Voodoo-Zauber gesprochen. Eine erste wissenschaftliche Ausarbeitung, die im „Journal of Physics D“ (des Institute of Physics) erscheinen sollte, wurde von Podkletnov wieder zurückgezogen.


Und wahrscheinlich wäre nie wieder über das Experiment berichtet worden, wenn nicht die BBC in zwei Artikeln [2] enthüllt hätte, dass verschiedene Rüstungskonzerne auf der ganzen Welt eben an diesem Experiment forschen würden. Aber nicht nur Firmen wie BAE Systems und Boeing forschten an diesem Experiment, sondern auch die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA.


Und dies war nach dem Aufschrei aus der wissenschaftlichen Community schon eine kleine Sensation, zumal das Marshall Spaceflight Center der NASA in Alabama hierfür das „Project Delta G“ gründete und im Rahmen des Breakthrough Propulsion Programs daran forschte.


Doch gab es ein größeres Problem, nämlich eine annähernd große supraleitende Scheibe wie die von Podkletnov herzustellen. Dieser brauchte nach eigener Aussage fast drei Jahre dafür und ließ diese während seines Experiments immerhin mit 5.000 Umdrehungen pro Minute rotieren. Leider soll sein Experiment von der Universitätsleitung der Technischen Universität von Tampere zerstört worden sein.


Der MDR drehte zusammen mit dem ORB hierüber die martialisch klingende Reportage „Auf dem Weg zum UFO-Antrieb – Über Versuche zur Abschirmung der Schwerkraft“ von Klaus Simmering, die auch auf anderen dritten Sendern des Öffentlich-Rechtlichen Fernsehens ausgestrahlt wird.


Neben Podkletnov und Mitarbeitern der NASA, wie dem Chefingenieur des MSFC Ronald J. Koczor und L. Whitt Brantley vom Advanced Concepts Office, kommen auch die chinesische Wissenschaftlerin Dr. Ning Li (1943-2021) [3] von der University of Alabama in Huntsville und der italienische Quantenphysiker Dr. Giovanni Modanese zu Wort. Und beide haben ihre eigene Meinung zur Antigravitation, die unterschiedlicher nicht sein könnte. Denn Li ist überzeugt, dass die Relativitätstheorie hiermit vereinbar ist, während Modanese dies verneint und auf die Theorie der Quantenphysik verweist.


Doch werden Podkletnov, welcher im Anschluß an seine Kontroverse am Moscow Chemical Scientific Research Centre tätig wurde, und der Italiener Giovanni Modanese in Wissenschaftskreisen als suspekt betrachtet, zumal bisher niemand offiziell die Reproduktion des genannten Effektes gelungen ist und beide zusammen mit dem Erfinder John Schnurer, der ebenfalls mit einem ähnlichen Ansatz eine 2-prozentige Abschirmung der Gravitation erreicht haben will, die Gravity Society gründeten.


Deswegen wollen wir auch eher auf ein anderes Experiment hinweisen, das einen Fortschritt auf diesem Gebiet hätte bedeuten können, und dieses Mal führt uns der Weg nach Österreich, genauer gesagt nach Seibersdorf. Dort leitete Martin Tajmar das Geschäftsfeld Raumfahrtsysteme im österreichischen Forschungszentrum Seibersdorf und er veröffentlichte seine Forschungsergebnisse im Magazin "Journal of Physics: Conference Series" mit dem Titel "Gravitomagnetic Fields in Rotating Superconductors".


Wie die Zeit in einem Artikel [4] aus dem Jahr 2007 ausführlich beschreibt, wurde ein Niobring durch flüssiges Helium auf -269 Grad Celsius abgekühlt und auf 6500 Umdrehungen pro Minute beschleunigt, und dabei soll es nach Aussage von Tajmar zu einer Verwirbelung der Raumzeit gekommen sein. Zwar ist dieses Phänomen auch als Lense-Thirring-Effekt oder Gravitomagnetismus bekannt und wurde bereits von Albert Einstein vorausgesagt, doch nicht in dieser Größenordnung. Und dieses Mal auch nicht nur einmal, sondern bei mehreren hundert Testläufen, weswegen die Ergebnisse auch zeitweise auf der Internetseite der europäischen Raumfahrtbehörde ESA vorgestellt wurden.


Doch konnte Tajmars Vermutung, dass die eigentlich masselosen Gravitonen in Supraleitern eine Masse haben, was eine erneute Revolution auf dem Gebiet der Physik bedeutet hätte, nicht durch andere Wissenschaftler bestätigt werden.


2011 veröffentlichte ein Team von Wissenschaftlern der University of Colorado Boulder in der Fachzeitschrift Physical Review Letters eine Arbeit, in der sie über ihre Versuche berichteten, Tajmars Experiment zu wiederholen. Sie fanden keine Hinweise auf einen Antigravitationseffekt und kamen zu dem Schluss, dass Tajmars Ergebnisse wahrscheinlich auf experimentelle Fehler zurückzuführen sind.


Im Jahr 2021 veröffentlichte Hamdi Ucar von Göksal Aeronautics ein interessantes wissenschaftliches Paper mit dem Titel: "Polarity Free Magnetic Repulsion and Magnetic Bound State". New Scientist veröffentlichte hierüber einen Artikel und ein YouTube Video [5].


Ucar zeigte eine einzigartige Form des magnetischen Schwebens, bei der sich ein Magnet in der Luft drehen und schweben kann, wenn er sich in der Nähe eines anderen, schnell rotierenden Magneten befindet und das der klassischen Physik widerspricht.


2023 veröffentlichte die Technical University of Denmark (DTU) einen Artikel [6] "How a spinning magnet causes other magnets to levitate", dass Ucar's Beobachtungen auflöste. Die Studie ergab, dass die Gleichgewichtslage des schwebenden Magneten auf magnetostatische Wechselwirkungen zwischen den rotierenden Magneten zurückzuführen ist. Das Phänomen ist vergleichbar mit einem Kreisel, bei dem die Rotation das Objekt in seiner Position festhält und der Schwerkraft oder den magnetischen Kräften trotzt.


Wem das bisher alles noch nicht spektakulär und mysteriös genug war, für den folgt noch eine größere Spekulation: Denn der preisgekrönte britische Wissenschaftsjournalist Nick Cook, der lange Zeit für die auf Militärtechnik spezialisierte und angesehene Jane's Information Group geschrieben hat, behauptet nicht weniger, als dass die Antigravitationstechnologie dem US-Militär schon seit Jahrzehnten zur Verfügung steht und dort auch Anwendung findet. Diese Technologie soll auf wissenschaftliche Durchbrüche der Nationalsozialisten gegen Ende des 2. Weltkrieges beruhen.


Wer mehr hierüber erfahren möchte, sollte diesen Artikel von Die Zeit [6] lesen oder sich die englische (The Hunt for Zero Point: Inside the Classified World of Antigravity Technology) oder deutsche Version (Die Jagd nach Zero Point. Verschlusssache Antigravitationstechnologie) des Buches zulegen.


Womöglich sind Reisen in Raumschiffen und Flugzeugen mit einem Antigravitationsantrieb eines Tages vielleicht doch mehr als pure Fiktion.




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